Sonntag, 21. Dezember 2008
Werkbesprechung: Die Räuber
Das Drama "Die Räuber" wurde von Friedrich Schiller (1759 - 1805) in der Epoche des Sturm und Drang (1767 - 1805), auch Geniezeit genannt, geschrieben. Die Überordnung des Genies über den kritischen Geist der Aufklärung war eine der wesentlichsten Forderungen der Stürmer und Dränger. Der Kern dieses Stücks basiert auf einigen Moralvorstellungen, wie zum Beispiel die Vaterliebe, die Bruderliebe und Ehre. In meiner Werkbesprechung werde ich das in diesem Stück entworfene Bild der Tyrannei und des Tyrannen beschreiben, erklären welches Bild der Gesellschaft in diesem Stück geschaffen wird, erörtern, ob die Kritik an der Tyrannei heute noch aktuell ist und werde beschreiben, was in diesem Zusammenhang inhaltlich den größten Eindruck bei mir hinterlassen hat.
Um sich ein Bild eines Tyrannen machen zu können, ist es wichtig, die Denkweise von Franz Moor zu betrachten. Für die Gesellschaft dieser Zeit waren bestimmte Werte wie die Vater - und Bruderliebe sehr bedeutend. Diese Werdte und Moralvorstellungen werden von Franz nicht mehr beachtet: Er belügt seinen Vater, den "alten Moor", und redet ihm ein, er solle Karl aufgrund seines unmöglichen Benehmens den Namen "Moor" entziehen. "[...] - vielleicht, o Vater, Vater, Vater - seht Euch nach einem anderen Namen um, sonst deuten Krämer und Gassenjungen mit Fingern auf Euch, die Euren Herrn Sohn auf dem Leipziger Marktplatz im Porträt gesehen haben." [I,1: S.12] Weiters trachtet Franz danach endlich der Nachfolger seines Vaters zu werden und will ihn sterben sehen. "Ja recht, das wars, worüber ich dich vernehmen wollte - Maximilian ist schlafen gegangen in der Väter Gruft. Ich bin Herr. [...]" [III,1: S.77] Als Maximilian , der "alte Moor", scheinbar stirbt, bemerkt Franz, dass sein Vater noch lebt, lässt ihn einsperren und will ihn verhungern lassen. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Vaterliebe und zugleich eine der größten Sünden - der Vatermord. Ebenso bemitleidet sich Franz oft selbst. "Warum mußte sie [die Natur] mir diese Bürde von Häßlichkeit aufladen? Gerade mir? [...] Warum gerade mir diese Lappländernase?" [I,1: S.16] Franz ist eifersüchtig auf Karl, weil er der Erstgeborene und scheinbar auch der schönere Bruder von beiden ist. Franz tötet sich zum Schluss selbst, weil ihn sein schlechtes Gewissen einholt und er die Strafe für seine Taten fürchtet.
Die Frage, was für ein Bild von der Gesellschaft in diesem Drama entworfen wird, lässt sich gut am Beispiel Karl Moor und seinen Handlungen sowie der Beschreibung der "positiven Charaktere" in diesem Werk erklären. Karl wird nicht aus Spaß zum Räuber, sondern er will seine Haltungen klar vorzeigen. Er ist der typische "Kerl - das Universalgenie", der im Sturm und Drang sozusagen als der "Gute" beschrieben wird. Man bekommt von ihm auch nicht den Eindruck, er wäre ein Mörder und Räuber, sondern er wird mehr als "Robin Hood - Figur" dargestellt. Er nimmt den Reichen etwas und gibt es den Armen.
Der Schwur, den er den Räubern leistet, ist wiederum ein wesentliches Beispiel für Sturm und Drang. Einen Schwur zu leisten bedeutete ihn ein Leben lang einzuhalten. Wenn man ihn bricht, ist das ebenfalls eine schwere Sünde. Im ersten Akt sagt er: "[...] schwör ich euch hier, treu und standhaft euer Hauptmann zu bleiben bis in den Tod! [...]" [I,2: S.33]
Amalia schwört Karl ebenfalls, ewig treu zu bleiben und ihn immer zu lieben. Die Vorstellung, diesen Schwur nicht einhalten zu können, würde für sie den Tod bedeuten. Folglich will sie auch zum Schluss des Dramas, als Karl ihre Liebe nicht erwidern kann, sterben, weil sie sonst in Schande leben müsste. "Halt, halt! Einen Stoß! Einen Todesstoß! [von Karl] Neu verlassen! Zeuch dein Schwert, und erbarme dich!" [V,2: S.137]
Ein weiteres Beispiel für die Werte in dieser Epoche ist der Diener Daniel. Franz will, dass er ihn umbringt, doch Daniel ist viel zu tugendhaft und gläubig, somit ergibt sich für ihn ein Konflikt zwischen Gehorsam gegenüber seinem Herren und Gehorsam gegenüber Gott. Schlussendlich gehorcht er dem Befehl seines Herren nicht und bleibt den Werten, die für ihn wichtig sind, treu.
Karls Kritik an der Gesellschaft ist heute in manchen Situationen sicher immer noch aktuell. Die Schwere zwischen Arm und Reich wird in der heutigen Zeit immer größer. Tyrannen gab es in jeder Epoche, gibt es heute noch (Beispiel Adolf Hitler, Mussolini, Stalin, etc.) und wird es vermutlich auch in Zukunft geben. Aber um in unserer heutigen Gesellschaft als Tyrann zu gelten, gilt es andere Werte und Moralvorstellungen zu missachten. Tyrannen in unserer heutigen Gesellschaft muss man mindestens einen ganzen Staat unter seine Herrschaft zwingen oder gewaltige Kriege führen. Das heißt also, dass bestimmte Konfliktpunkte der Gesellschaft und auch die Tyrannei auch bereits in der Epoche des Sturm und Drang existiert haben, jedoch haben die beiden Wörter in unserer Zeit eine etwas andere Bedeutung.
In diesem Zusammenhang hat der Charakter der Amalia den größten Eindruck bei mir hinterlassen. Sie ist durch ihre Liebe zu Karl sehr stark und schafft es, sich von Franz nicht beeinflussen zu lassen, obwohl er Karl immer wieder schlecht darstellt und einen immensen Druck auf sie ausübt, indem er sie zwingen will, ihn zu ehelichen und ihr droht, als diese sich ihm verweigert. Im dritten Akt sagt er: "Das wirst du [Amalia] nicht. Noch weiß ich Mittel, die den Stolz eines einbildischen Starrkopfs so hübsch niederbeugen können - Kloster und Mauern!" [III,1: S.77]
Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Drama "Die Räuber" ein typisches Werk für die Epoche des Sturm und Drang ist, da es sich mit einigen der wichtigsten Moralvorstellungen dieser Epoche auseinandersetzt. Ebenso zeigt es, dass einige Konfliktpunkte zu dieser Ziet, wie zum Beispiel der Glaube, das Bild der Gesellschaft und bestimmte Moralvorstellungen, auch in unserer heutigen Zeit immer noch aktuell sind.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen